Monday, October 17, 2011

Agile RE Blog 4: Informationen miteinander vernetzen und zugänglich machen

Betrachten wir doch einmal das „ganz normale Projekt“ unter dem Aspekt Wissensmanagement und sehen wir uns die Eigenschaften von Wissen in diesem Zusammenhang an.

Die erste Eigenschaft von Wissen war: Informationen miteinander zu vernetzen und zugänglich zu machen. Nun könnten wir in den Raum stellen eine qualitativ gute Dokumentation (RE-Spez, Architekturdokument, …) erfüllt dies. Eine gute und qualitativ hochwertige Requirements Spezifikation enthält im Idealfall richtige Anforderungen und diese in korrekter Art und Weise beschrieben. Die Traceability zwischen den Anforderungen sichert die Vernetzung der Informationen zu. Wenn die Dokumentation nun auch jedem zugänglich ist, etwa auf einem Projektshare oder in einem Tool, dann ist diese auch verfügbar.

Genau an diesem Punkt möchte ich einhaken. Denken wir an ein X-beliebiges Projekt und stellen uns die wirklich absolut perfekte Requirements Spezifikation vor (I had a dream):
  • Sind in dieser Requirements Spezifikation alle notwendigen Informationen enthalten, um ausgehend alleine von dieser Dokumentation das komplette benötigten Produktwissen ohne Verlust zu erarbeiten und das Projekt weiter voran zu treiben?
  • Sind darin alle notwendigen Vernetzungen der Informationen in Form von Traces abgelegt, die benötigt werden, um das Projekt erfolgreich abzuwickeln?
Und gehen wir noch einen Schritt weiter und verweben die Disziplin des Requirements Engineering mit den anderen Disziplinen, die notwendig sind, um das Projekt abzuwickeln:
  • Ist es möglich das komplette Wissen eines Projekts als Informationen in Dokumente zu gießen, also nicht nur das notwendige, sondern auch das hinreichende Wissen?
  • Ist es möglich alle notwendigen und hinreichenden Vernetzungen in Form von Traces zu dokumentieren?
Die Antwort ist ein klares NEIN. Um dieses klare NEIN zu bestätigen dient das folgende Gedankenexperiment: Stellen Sie sich zwei Teams vor, die völlig unabhängig voneinander diese perfekte RE-Spec in die Hand bekommen und das Produkt erstellen. Wenn Sie völlig überzeugt sind, dass die von den beiden Teams unabhängig voneinander erstellten Produkte VÖLLIG IDENTISCH sein werden, dann gilt das nein nicht...

Sinnvoller Weise ist Dokumentation aus Aufwandsgründen beschränkt. Zudem enthält eine Dokumentation kein Wissen, sondern lediglich die Informationen, mit denen ein Wissen aufgebaut werden kann.  Also – und auch dies ist eine ganz wichtige und anerkannte Tatsache: Dokumentation hält nur Informationen und die Dokumentation eines Produkts enthält nur einen Teil der Informationen, die notwendig sind, um das komplexe Problem, das mit dem Erstellen des Projekt verbunden ist, erfolgreich zu lösen.

Die spannenden Fragen sind: Wo kommt der Rest der Informationen her, die ein Projekt benötigt? Wie werden alle Informationen, also die in der Dokumentation enthaltenen Informationen und die „restlichen“ nicht in der Dokumentation zu findenden Informationen in Wissens verwandelt um ein Projekt erfolgreich durchzuführen?

Die Antwort ist einfach: In den Köpfen des Teams, das an dem Projekt arbeitet. Woraus sich die nächste spannende Frage ergibt: Wie ist das Wissen in die Köpfe gekommen? Etwa nach dem Prinzip wie in dem Movie MATRIX: Wir setzen den Mitarbeiter in einen Stuhl, er bekommt ein Stecker in den Kopf gesteckt und wir laden die beiden Programme „So sieht das Produkt aus“ und „So werden wir das Projekt in unserem Unternehmen abwickeln“!!

In der Realität gibt es genau zwei Methoden: Entweder die Menschen nehmen explizit an einer Ausbildung teil, oder sie bilden sich explizit (Coaching) implizit (Learning on the job, Trainee Programme) untereinander weiter. Ausbildung ist sinnvoll, um fehlendes Wissen in die Organisation zu tragen. Coaching und Learning on the job funktioniert, wenn das Wissen bereits in Köpfen der Organisation steckt und „lediglich“ weiter verbreitet werden soll (an dieser Stelle kann übrigens das Dreyfus Modell des Wissenserwerbs sehr gut heran gezogen werden). Gemeinsam ist: Wissensaufbau bedeutet Lernen. Moderne Lernformen im professionellen Umfeld bauen zudem auf selbstmotiviertes Lernen in Lerngruppen mit dem Lehrenden als Coach. Kommunizieren zum Wissensaufbau, Anwenden des Wissens und direktes Feedback anhand der Resultate der Anwendung sind Schlüssel, um Wissen, das nicht über Dokumentation erworben werden kann in die Köpfe der Mitarbeiter zu bringen und dort zu verankern.

Als Fazit stellen wir fest: Kommunikation und Feedback sind wesentliche Grundprinzipien um Wissen im Projektteam zu verbreiten und zu verankern. Wenn wir es schaffen Kommunikation und Feedback in einem Projekt zu optimieren, dann beschleunigen wir den Wissenserwerb und damit die Effizienz. Und schon bekommen Daily Standups, Reviews und Retrospektiven wie sie Scrum zum Beispiel kennt, einen ganz unverhofften und erweiterten Sinngehalt, ach ja, übrigens auch die Kaffeepause morgens um 10:30 oder das (alkoholfreie ;-) Feierabendbier. Das Feierabendbier als Mittel der Effizienzsteigerung, Wow!
Nach einem Glas Feierabendrotwein, welches ich heute nicht zum Wissenserwerb nutze, werde ich im nächsten Blog das Anwenden von Wissen betrachten.

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